Die Aufgabe der Digitaltechnik ist die Darstellung und Verarbeitung von Informationen (Informationsverarbeitung). Um eine einfache physikalische Realisierung dieser Informationsverarbeitung zu gewährleisten, bedient sich die Digitaltechnik eines eingeschränkten Zeichensatzes, der auf eine Minimalform reduziert wurde:
Es werden zur Informationsdarstellung nur zwei Wertigkeiten bzw. Zeichen verwendet. In Abhängigkeit von dem betrachteten System können diese beiden zur Beschreibung notwendigen Zeichen in unterschiedlicher Form definiert werden, z.B.:
Fachgebiet |
Zeichendefinition |
Digitaltechnik |
"0" und "1" |
Physik |
"low" und "high" |
Aussagenlogik |
"wahr" und "falsch" bzw. "true" und "false" |
Die Eigenschaft, jeweils einen von zwei Werten oder Zuständen annehmen zu können, wird als "binär" (lat.: aus zwei Einheiten bestehend; engl. binary) bezeichnet.
Das Wort "digital" soll im Gegensatz zum Wort "analog" die Abzählbarkeit einer Informationsmenge zum Ausdruck bringen. Während ein analoges System eine unendlich große Abstufung von Wertigkeiten erlaubt, gibt es im digitalen System nur genau differenzierbare, "diskrete" Werte, die in einfachster Form abgezählt werden können, z.b. mit den Fingern. Auch die alten Römer konnten dies schon. Ihre Finger (lat. digitus) sind "schuld" daran, daß wir heute von "Digitaltechnik" sprechen.
Dieses an den "Finger abzählen" ist natürlich auch der Grund dafür, daß wir im täglichen Leben das sogenannte "Dezimalsystem" (Zehnersystem) verwenden. Da in der Technik kein Grund zum "Zehnfingersystem" besteht, wird dort wegen der leichteren technischen Realisierung das oben definierte "Zweifingersystem" eingesetzt.
Wegen seiner Beschränkung auf nur zwei Zeichen, wird dieses Darstellungssystem als "dual" bezeichnet (duales Zahlensystem).
Viele Begriffe der Digitaltechnik werden mit Bezeichungen und Abkürzungen belegt, die unmittelbar Bezug nehmen auf den lateinischen bzw. den englischen Ursprung.
Beispiel:
Die kleinste binäre Nachrichtenmenge, das Binärzeichen, wird als "Bit"
bezeichnet, was der englischen Bezeichnung "binary
digit" entstammt.
Ein Bit beschreibt also den logischen Zustand eines zweiwertigen Systems. Die
Tatsache, daß es sich um ein minimales System handelt, kommt in der ursprünglich
durch Claude Shannon eingeführten Bezeichnung zum Ausdruck:
Basic Indissoluble Unit.
Die Begriffe, die in der Digitaltechnik bzw. der Informationsverarbeitung zur
Anwendung kommen, sind weitestgehend genormt. Genauere Informationen können in
den entsprechenden DIN- bzw. IEC - Publikationen gefunden werden.
Natürlich bietet die maschinenorientierte duale Zeichendarstellung im alltäglichen Leben keinen Vorteil. Im Gegenteil, die technisch leicht implementierbare "0/1"-Darstellung ist für uns schwer lesbar und gibt daher leicht zu fehlerhafter Interpretation Anlass.
Beispiel:
Die duale Zeichenkette
010000010100001001000011
scheint einer willkürlichen Informationsfolge zu entsprechen, obwohl es sich nur um die populärste Form der binären Darstellung der ersten drei Buchstaben unseres Alphabets handelt:
A B C.
Die hier gewählte Binärdarstellung entspricht der Definition des so genannten
ASCII-Zeichensatzes, der im Kapitel "Zahlen und Codes" ausführlicher behandelt
wird.
Um uns den Umgang mit solchen Informationen zu vereinfachen, könnte natürlich
weiterhin das gewohnte Dezimalsystem zum Einsatz kommen, wodurch allerdings die
Nähe zur binären Darstellung verloren gänge.
Die Einführung zweier neuer Systeme dient deshalb der verbesserten Lesbarkeit bei Aufrechterhaltung der Beziehung zur dualen Informationsdarstellung. Diese neuen Systeme werden bezeichnet als:
Oktalsystem |
Hexadezimalsystem. |
Zeichen in diesen neuen Systemen können unmittelbar über die duale Darstellung definiert werden. Es reicht eine Gruppierung entsprechender Bits in größere Einheiten.
Im obigen Beispiel könnte die Beziehung zum ASCII-System durch eine Unterteilung in Gruppen von jeweils acht Bits verdeutlicht werden:
dual: |
01000001 |
01000010 |
01000011 |
ASCII: |
A |
B |
C |
In ähnlicher Weise werden beim Übergang zum Oktalsystem Dreiergruppen, beim Übergang zum Hexadezimalsystem Vierergruppen gebildet:
010 000 010 100 001 001 000 011
bzw.
0100 0001 0100 0010 0100 0011.
Zum besseren Verständnis werden die Bit-Gruppen dann wiederum durch Wertigkeiten ersetzt, die unserem Dezimalsystem entsprechen. Im Falle des Oktalsystems ist dies ohne Komplikation möglich, da die größtmögliche Bitrepresentation im Oktalsystem ("111") eine äquivalente Dezimalrepresentation besitzt ("7"). Im Falle des Hexadezimalsystems besteht das Problem einer Dezimalrepresentation für Zahlen, deren Wertigkeit die Zahl 9 übersteigt, nämlich:
Hexadezimaler Wert |
Dezimaler Wert |
1010 |
10 |
1011 |
11 |
1100 |
12 |
1101 |
13 |
1110 |
14 |
1111 |
15 |
Tab. 1.1: Hexadezimale Werte 10 - 15
Um auch diese Zahlen mit einem einzigen Zeichen ausdrücken zu können, werden die ersten sechs Buchstaben unseres Alphabets herangezogen, so dass zur Definition einer beliebigen Hexadezimalzahl schließlich die folgenden Symbole zur Verfügung stehen:
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 A B C D E F .
Mit diesen Definitionen ist eine tabellarische Gegenüberstellung der Zahlensysteme möglich:
Binär |
Oktal |
Dezimal |
Hexadez. |
0000 |
0 |
0 |
0 |
0001 |
1 |
1 |
1 |
0010 |
2 |
2 |
2 |
0011 |
3 |
3 |
3 |
0100 |
4 |
4 |
4 |
0101 |
5 |
5 |
5 |
0110 |
6 |
6 |
6 |
0111 |
7 |
7 |
7 |
1000 |
10 |
8 |
8 |
1001 |
11 |
9 |
9 |
1010 |
12 |
10 |
A |
1011 |
13 |
11 |
B |
1100 |
14 |
12 |
C |
1101 |
15 |
13 |
D |
1110 |
16 |
14 |
E |
1111 |
17 |
15 |
F |
Tab. 1.2: Zahlensysteme.
Das oben diskutierte Beispiel ("ABC") kann damit im Oktal- und Hexadezimalsystem angegeben werden:
oktal |
010 |
000 |
010 |
100 |
001 |
001 |
000 |
011 |
2 |
0 |
2 |
4 |
1 |
1 |
0 |
3 |
bzw.
hexadezimal |
0100 |
0001 |
0100 |
0010 |
0100 |
0011 |
4 |
1 |
4 |
2 |
4 |
3 |
Auf dem Gebiet der Informationsverarbeitung haben sich weitere Begriffsbildungen durchgesetzt, mit dem Ziel, oft benutzten Bit-Gruppierungen Namen zu geben. Besonders wichtig auch in der Digitaltechnik sind folgende Anordnungen bzw. Definitionen:
1 Byte |
= |
1 Gruppe von 8 Bits |
1 Nibble |
= |
1 Gruppe von 4 Bits. |
Damit ergibt sich folglich:
1 Byte |
= |
2 Nibble. |
Weitere Gruppierungen (word, double word, etc.) sind in der Informatik üblich, sollen hier aber zunächst übergangen werden.
Die Benutzung der oben definierten Zahlensysteme ist in der Digitaltechnik außerordentlich wichtig, dies schließt natürlich auch die "Übersetzung" zwischen den Systemen ein. Im Kapitel "Zahlen und Codes" wird deshalb in detaillierter Form auf dieses Thema eingegangen.
Schon an dieser Stelle kann allerdings der Umgang mit den unterschiedlichen Zahlensystemen dadurch vereinfacht werden, daß ihre Behandlung buchstäblich auf eine konkrete Basis gestellt wird:
Alle vier eingeführten Zahlensysteme gehören zu den sogenannten polyadischen Zahlensystemen. Ein polyadisches Zahlensystem mit der Basis B, auch B-adisches Zahlensystem genannt, ist ein Zahlensystem, in dem eine Zahl nach Potenzen von B zerlegt wird.
Eine natürliche Zahl n kann also durch folgende Summe von Potenzen dargestellt werden:
|
|
, |
(1.1) |
wobei gilt:
B ist die Basis des Zahlensystems: |
|
und: |
|
bi sind Zahlenkoeffizienten: |
Mit dieser Definition erhält man die obigen Zahlensysteme durch entsprechende Wahl der Basis B:
Basis |
Zahlensystem |
2 |
Dualsystem |
8 |
Oktalsystem |
10 |
Dezimalsystem |
16 |
Hexadezimalsystem |
Tab. 1.3: Basis B wichtiger Zahlensysteme.
In der gängigen Schreibweise werden Zahlen definiert durch Angabe der oben eingeführten Koeffizienten bi.
Da in den unterschiedlichen Zahlensystemen die gleichen Symbole eingesetzt werden, ist es oftmals nicht möglich zu entscheiden, aus welchem System eine vorgegebene Zahl stammt. Liegt so ein Fall vor, muß die gewählte Basis explizit angegeben werden. Normalerweise geschieht dies in Form eines Indizes.
Das führt zu folgender Konvention für eine systemunabhängige Ziffernschreibweise:
|
. |
(1.2) |
Es gilt hierbei:
Damit ergibt sich für das Beispiel in entgültiger Form:
|
(010000010100001001000011)2 |
= |
(10000010100001001000011)2 |
= |
(20241103)8 |
= |
(414243)16 |
Hinweis:
Die vorher eingeführten unterschiedlichen Methoden, die zur Beschreibung der
zwei möglichen Zustände eines dualen Systemes existieren (0/1, true/false,
high/low), deuten bereits an, daß die "Elementarsymbole 0 und 1"
nicht immer eine rein numerische Bedeutung haben.
In der Digitaltechnik wird häufig eine direkte Beziehung zwischen diesen
Symbolen und der physikalischen/elektronischen Realität hergestellt. Dies führt
zu Assoziationen wie:
"1" bedeutet |
"aktiv" |
, |
"0" bedeutet |
"passiv" |
. |